Linda Wiese (li.) hat auf der DACH+HOLZ International 2022 die Zimmerer-Gesellin und das jüngste Team-Mitglied der deutschen Zimmerer-Nationalmanschaft, Isabel Peters (re.), getroffen. (Foto: zunftschwestern)
Linda Wiese (li.) hat auf der DACH+HOLZ International 2022 die Zimmerer-Gesellin und das jüngste Team-Mitglied der deutschen Zimmerer-Nationalmanschaft, Isabel Peters (re.), getroffen. (Foto: zunftschwestern)
Frauen am Bau

Isabel Peters im Interview auf der DACH+HOLZ International 2022

Isabel Peters aus Fehmarn ist derzeit nicht nur das jüngste Team-Mitglied der deutschen Zimmerer-Nationalmannschaft, sondern auch die erst zweite Frau überhaupt, die es bis hierher geschafft hat. Wir haben Isabel auf der DACH+HOLZ International 2022 in Köln getroffen und möchten euch die frisch gebackene Zimmerer-Gesellin heute näher vorstellen.

Isabel, wie bist du zum Handwerk gekommen? War das schon immer ein Traum von dir oder hat dich etwas bestimmtes dazu bewegt, diesen Berufsweg einzuschlagen?

Meine Eltern haben einen landwirtschaftlichen Hof, dadurch war ich schon als Kind viel draußen und eigentlich bei allem mit dabei, was so anfiel. Ursprünglich wollte ich Landmaschinenmechatronikerin werden, hatte gleichzeitig aber auch den Wunsch, noch etwas anderes auszuprobieren. Also habe ich mir einen Praktikumsplatz in einer Zimmerei gesucht und bin raus auf die Baustelle. Die Erfahrungen, die ich dort gesammelt habe, haben mich gepackt und festgehalten. Ich war von Anfang an überzeugt von der Arbeit und wollte auch gar nichts anderes mehr machen.

Das klingt super. Gab es denn irgendwelche Vorbehalte seitens deiner Eltern oder generell aus der Familie? Wir hören öfter, dass dann schon mal gesagt wird „Ach, Handwerk? Geh doch lieber an die Uni und studiere erstmal“.

Meine Eltern haben mich von Anfang an komplett unterstützt. Es war eher so, dass die Lehrerinnen und Lehrer in der Schule gesagt haben „Geh doch lieber weiter zur Schule“. Aber wäre ich tatsächlich weiter zur Schule und später an die Uni gegangen – dann wäre ich jetzt nicht hier und ich kann auch nicht mit Sicherheit sagen, dass mich das glücklich gemacht hätte.

Das ist eine sehr mutige und selbstbewusste Entscheidung – vor allem in so jungen Jahren. War es für dich als junge Frau denn schwierig, einen Ausbildungsbetrieb zu finden?

Tatsächlich überhaupt nicht. Ich habe in mehreren Betrieben Praktika gemacht, anschließend habe ich mich für eine Ausbildungsstelle beworben und wurde gleich genommen. Also es war nicht so, dass die Betriebe gesagt hätten „Eine Frau? Bloß nicht!“ – das lief alles einwandfrei.

Wie wurdest du vom Team aufgenommen? Gab es Vorbehalte von den männlichen Kollegen oder haben dich alle von Anfang an willkommen geheißen?

Von den jüngeren Kolleginnen und Kollegen wurde ich direkt akzeptiert, nur bei den älteren hat man gemerkt, dass es ungewohnt für sie war. Das hat sich aber sehr schnell gelegt und ich wurde akzeptiert und respektiert. Man hat sehr schnell gut zusammengearbeitet.

Gab es vielleicht auch mal unangenehme Situationen? Nicht unbedingt nur mit den Kolleginnen und Kollegen, sondern vielleicht auch mit Kundinnen und Kunden?

Tatsächlich gab es einen Kollegen, der mich zu Beginn nicht ganz akzeptieren wollte und hier und da einen unangebrachten Spruch hat fallen lassen. Aber da muss man dann selbstbewusst sein und gegenhalten. Auch das hat sich dadurch relativ schnell gelegt. Es war nie so, dass ich von irgendjemandem diskriminiert wurde; auch nicht von den Kundinnen und Kunden. Es gab bestimmt die ein oder andere Person, die sich dachte „Aha, eine Frau also“, aber es war nie so, dass gesagt wurde „Die kommt bei mir nicht ins Haus“. Es war immer alles in Ordnung.

Was ist bisher dein schönster Moment im Handwerk gewesen? Was ist dir besonders im Gedächtnis geblieben?

Also an erster Stelle natürlich der Moment, in dem ich endlich meinen Gesellenbrief in den Händen halten konnte. Und dann natürlich die Aufnahme in die deutsche Nationalmannschaft – das war echt unglaublich. Da habe ich auch wirklich ein paar Tage gebraucht, bis ich das realisiert habe.

Das ist absolut nachvollziehbar. Kommen wir auch direkt dazu: Du hast als Innungsbeste deine Prüfungen absolviert. Jetzt hängst du direkt deinen Meister dran – in Vollzeit in Kassel. Das klingt alles super zielstrebig. Planst du danach auch direkt, einen eigenen Betrieb zu gründen oder was sind deine nächsten Schritte?

Ich möchte jetzt erstmal ein paar Erfahrungen sammeln. Ich gucke mal, ob ich einen Betrieb finde, der zu mir passt. Und dann schaue ich mal, was sich so ergibt. Vielleicht mache ich mich irgendwann selbstständig.

Du hast eben selbst erzählt, dass du in die Zimmerer-Nationalmannschaft berufen wurdest. Und das als erst zweite Frau überhaupt. Allein das macht dich zu einer riesengroßen Botschafterin für das Handwerk und für die Zimmerer – und natürlich ganz besonders für die Frauen der Branche. Gibt es etwas, das du anderen Mädchen oder Frauen gerne mit auf den Weg geben möchtest, die vielleicht noch mit der Idee hadern, in Richtung Handwerk zu gehen? Warum lohnt es sich aus deiner Sicht besonders, diesen Weg einzuschlagen?

Wir in Norddeutschland sind ja immer gerne ein bisschen direkt: einfach machen! Man darf nicht so viel darüber nachdenken und man darf sich das auch nicht kaputtreden. Wenn man Lust dazu hat, dann sollte man auf jeden Fall schon mal ein Praktikum machen und sich das Ganze angucken. Und wenn es einem dann tatsächlich gefällt, warum sollte man es dann nicht machen dürfen? Warum mache ich das bzw. warum habe ich das gemacht? Ich bin absolut überzeugt von der Arbeit und ich liebe meinen Beruf. Und ich möchte heute auch nichts anderes mehr machen.

Gibt es vielleicht auch Aspekte, bei denen du sagst, da hat man als Frau sogar Vorteile in einer Männerdomäne wie dem Handwerk?

Manchmal ist es tatsächlich die Genauigkeit; also das präzise Arbeiten. Ich habe manchmal das Gefühl, dass wir Frauen da ein bisschen mehr Wert drauf legen. Aber ich finde auch, dass man sich da häufig ganz gut mit den männlichen Kollegen ergänzt. Das hat mit meinen Kollegen beispielsweise immer super gepasst. Man hat sich gut ergänzt und dann kam ein super Ergebnis dabei raus.

Kommen wir auch schon zur letzten Frage: Was meinst du – wenn wir uns in zehn Jahren noch mal hier auf der DACH+HOLZ International treffen und vielleicht ein ähnliches Interview führen, was hat sich bis dahin für die Frauen in Handwerksberufen geändert oder was würdest du dir wünschen, was sich bis dahin geändert hat?

Ich hoffe einfach, dass es bis dahin Normalität geworden ist und dass man als Frau nicht mehr so stark darüber nachdenken muss, ob man sich einen Handwerksberuf wirklich zutraut oder nicht. Es sollte zur Normalität werden, dass man es einfach ausprobiert und dass einem da keine Steine in den Weg gelegt werden. Und wenn dann auf so einer Messe wie der DACH+HOLZ International in zehn Jahren bis zu 50 % Frauen rumlaufen und es keinen mehr wundert – das wäre doch super!

Das sehen wir von den zunftschwestern genauso! Wir bedanken uns bei Isabel Peters, dass sie sich die Zeit für uns genommen hat, und wünschen ihr für ihren weiteren Weg alles Gute und viel Erfolg!

zuletzt editiert am 21. Juli 2022